BANDIPUR NATIONALPARK

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... wilde Elefanten im Fluss...

Samstag, 15. Mai 2010

Tag 108 :Indischer Haarschnitt

Es ist Mittwochabend und es wird dringend Zeit dass ich mich darum kümmere meine mittlerweile viel zu struwelige Haarpracht stutzen zu lassen.
So schlendere ich wegen des 7. oder 8. Stromausfalles an diesem Tag mal wieder durch Malleswaram auf der Suche nach einem ordentlichen Friseursalon.

Doch statt diesen zu finden, „verlaufe“ ich mich in ein kunterbuntes treiben auf der Straße. Ich komme mir vor wie auf dem Volksfestplatz daheim. Tausende von Menschen auf der Straße, Musik dröhnt aus schlechten Megaphonen von den Dächern und aus den Bäumen. Selbst ein Inder versteht wohl kaum was dort aus den Lautsprechern hinaus gedröhnt wird.

Nach dem ich dieses Treiben genossen haben und mir meine Ohren anfangen weh zu tun, mache ich mich mit einer Badam Milk in meiner Hand wieder auf den Rückweg zum Apartment.

Kurz vor dem Apartment huscht etwas über die Straße und verschwindet in einer Gasse die unterhalb der Straßenhöhe liegt. Meine Neugierde bringt mich dazu nachzusehen was es war…
… und so komme ich in einen kleinen Gang, in dem Tatsächlich auf halber Höhe ein indischer Friseursalon ist. Das ungewisse Tier das mir diesen Weg gezeigt hat, ist verschwunden. Aber das macht auch nichts, schließlich habe ich jetzt einen Friseur gefunden.


Als ich dort reinkomme, bin ich erstaunt, soviel anders wie bei uns sieht es hier nicht aus. Oder bin ich mittlerweile einfach schon zulange in Indien???
Gut die Stühle sind alt, die Haare liegen überall rum, es riecht streng nach Reucherstäbchen und unterschiedlichen Nüssen…?
Es hindert mich dennoch nicht dies jetzt einmal auszuprobieren!

Es sind 6 Männer in dem Salon, von denen gerade 3 Frisiert werden. Komischerweise bekommen alle einen kurz Haarschnitt mit dem Rasierer verpasst. Hoffentlich können die hier nicht nur mit dem Rasierer umgehen schießt es mir durch den Kopf…

Zwei andere Männer watscheln immer von einem der drei sitzenden Männern zu dem anderen. Überall wird genau beäugt ob der Friseur das auch richtig macht und entsprechend Anweisung zum sauberen Nacharbeiten gegeben.
Ich finde es wirklich faszinierend das die Inder wie „unsere Frauen“ zusammen zum Friseur gehen. Zwischendurch wird den Männern liebevoll über den Kopf gefahren, oder hier und da mal an die Ohren gepackt. Indien ist einfach ein anderes Land.
Ein Mann bekommt von dem Friseur anschließend eine Kopfmassage. Er nimmt eine Ölflasche und leert solange öl auf die Haare des „Opfers“ bis diese unglaublich nach Nussöl stinken und total klebrig erscheinen. Dann beginnt das Ritual!
Es ist mehr ein schlagen, klopfen, zupfen und zerwuscheln. Der ganze Mann, größer wie ich, wird dabei durchgeschüttelt. Durch die Schläge auf den Kopf, sieht man die Druckwelle durch sein ganzen Körper gleiten.
In diesem Moment sage ich mir, das mache ich sicherlich nicht! Ich lass mich hier doch nicht quälen…

Dann bin ich an der Reihe. Der „brutale“ Masseur bittet mich auf seinem Stuhl platz zu nehmen. Ich bekomme die Haare gewaschen und auch er fängt bereits an, meine Kopfhaut nebenher zu massieren. Dann wird mir das Shampoo wieder rausgewaschen. Weil es Ihm? So schön gefallen hat, bekomme ich gleich noch mal eine Haarwäsche? Oder habe ich Läuse? Oder fettige Haare???
Ich hoffe nicht!
Wie er so hinter mir steht, und damit beschäftigt ist, den Schaum wieder aus den Haaren zu waschen, beginnt er auch meine Ohren zu massieren. Irgendwie ein komisches, beängstigendes Gefühl… aber das scheint hier wohl dazu zu gehören.

Dann endlich werden meine Haare halbwegs trocken gerubbelt und er beginnt mir einem Kamm und einem Öldöschen meine Haare zu frisieren.
Erinnerungen an die Filme mit Heinz Rühmann, in denen er Morgens nach dem Aufstehen mit einem Kamm und einem Becher Wasser seine Haare schleimig zurecht kemmt, kommen wir vor die Augen…
Soetwas kann ich ja gar nicht ab, wenn mir jemand eine total dämliche Frisur verpasst die nicht zu mir gehört. Komischer weise sind diese schleimig, schmierigen Frisuren hier in Indien der absolute schrei…

… auch ich laufe gleich schreiend davon…

Nach ersten verständigungs Problemen hat er doch verstanden welchen Haarschnitt ich gerne hätte. Und so braust er mit der Maschine, der Schere und dem Kamm munter drauf los.

Langsam stellt sich ein angenehmes Gefühl und das Vertrauen an sei können ein.

Als er fertig ist mit dem Schneiden, bringt er mir einen kleinen, zerbrochenen Spiegel. Auf dessen Rückseite mit einem Klebeband eine Schlaufe befestigt ist, sodass er diesen auch halten kann. Indien, ein land der Improvisation. Aber der Spiegel erzielt den gewollten nutzen.
Er nimmt mir den klebrig, knisternden Umhang ab, und beginnt mit einem „Malerpinsel“ mein Gesicht, die Haare und den Nacken- Schulterbereich abzubürsten. Mehr grob als angenehm.
Zum Schluß lächelt er mich an und meint meine Haare könnte noch eine gute Ölmassage vertragen… nun ja ob ich das wirklich will. Eigentlich hatte ich mir geschworen dies nicht zu tun. Aber wer schon mal bei einem indischen Friseur ist, sollte auch das volle Programm mitmachen. Gedacht, Getan!

Nach weiteren Problemen der Verständigung bzgl. Des Öles welches ich bevorzugen würde, kommt er mit einem kleinen Bauchladen voller Öldosen an. Ich muss mir ein leichtes Lachen verkneifen. Ich komme mir vor wie in der Küche bei Biolek. Nussbaumöl, Olivenöl, Bambusöl, Kokusöl, etc.
Ich entscheide mich für das wohlduftenden Kokussöl. Es ist in Metalldosen verpackt. Die Verpackung sieht original aus wie eine teure Öldose aus dem Supermarkt in Deutschland. Abgerundete Kannten, in der Mitte ein Plastikdeckel.
So öffnet er den Deckel, steckt seinen kleinen Finger hinein und beginnt das klebrige Öl auf meine Haare zu gießen. Eine Runde, noch ne Runde, und noch ne Runde… bis meine Haare wirklich nicht mehr in der Lage sind auch nur einen Tropfen Öl aufzunehmen.

Dann startet die klebrige Massage. Meine anfänglichen Bedenken und Zweifel waren unbegründet. So heftig es den Körper auch bei jedem Schlag erschüttert, und man teilweise denkt man würde Taub im Kopf, es ist dennoch eine tolle Entspannung gewesen.

Das ganze Spektakel ist dann nach gut 20 Minuten vorbei.

Nach nun einer geschlagenen Stunde bekomme ich gesagt das ich Ihm 100 Rupien schuldig bin. UNGLAUBLICH!
Trotz der großen Bemühungen Griechenlands den Eurokurs in den Keller zu Jagen, was ihnen ja auch gelungen ist. Der Eurokurs ist um ca. 20 Zähler runter.
So kostet mich dennoch dieser Friseurbesuch mit vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen nur 1,7 Euro.

Mit frisch geschnittenen, klebrigen und nach Kokusriechenden Haaren mache ich mich im Dunkel des Abends auf um die letzten beiden Straßen zum Apartment hinter mich zu bringen.

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